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Rheinland-Pfalz-Meisterschaft 2017 mit 2 Birkenfelder Startern – Katharina holt zum zweiten Mal das „Double“

Die Eröffnung des Turniers durch den 1. Vorsitzenden der Schachjugend Rheinland-Pfalz, Wolfgang Clüsserath, und den Spielleiter Stefan Ritzheim.

Vor wenigen Wochen konnten wir zwei Landesmeistertitel im Pfälzischen Schachbund feiern. Katharina Bohrer und Niklas Leyendecker gewannen jeweils ihre Turniere in den Altersklassen U14 und U14w und qualifizierten sich mit diesem tollen Ergebnis für die Rheinland-Pfalz-Meisterschaft. Diese fand in der Zeit vom 18. bis 22. April in der Rhein-Nahe-Jugendherberge Bingen statt und brachte die besten Jugendspieler der drei Unterverbände des Schachbunds Rheinland-Pfalz (Pfalz, Rheinland und Rheinhessen) zusammen. Dass die Trauben hier noch deutlich höher hängen würden als bei der Pfalzmeisterschaft war klar.

Dies traf besonders für Niklas zu. Das bärenstarke Teilnehmerfeld in der U14 wurde von Paul Hinrichs (Bingen, DWZ 1918) und Michael Yankelevich (Trier, DWZ 1871) angeführt, dahinter folgten vier Spieler mit einer DWZ von 1600 oder höher. Niklas war unter den 12 Teilnehmern an Platz 9 gesetzt. Davon unbeirrt legte er einen großartigen Start hin: Remis in der 1. Runde gegen den an 3 gesetzten Thomas Mühlpfordt (Lambsheim, DWZ 1766), danach ein weiteres, fast sensationelles, Remis gegen Paul Hinrichs. In beiden Partien zeigte sich Niklas als absolut gleichwertiger Gegner und kam nie wirklich in Bedrängnis, ganz im Gegenteil.

Dies ist die Schlussstellung von Niklas‘ Partie gegen Paul Hinrichs. Paul (Weiß) hatte früh eine riskante Gangart angeschlagen und Material geopfert, aber Niklas konnte den Angriff abwehren. In der Diagrammstellung steht Schwarz objektiv auf Gewinn, aber es ist verständlich, dass Niklas nach langer Verteidigung und mit immer noch schwieriger Figurenstellung gegen einen deutlich favorisierten Gegner das Schicksal nicht herausfordern wollte – Remis.

Es folgten weitere Remis gegen Dustin Vogt (Heidesheim, DWZ 1500) und Luis Haller (Konz-Karthaus, DWZ 1647). Nach diesen ebenso überraschenden wie erfreulichen halben Punkten hofften wir in den letzten Runden, gegen nominell schwächere Gegner, auf noch mehr, doch es zeigte sich wieder einmal, dass die DWZ im Jugendbereich wenig aussagekräftig ist und auch scheinbar schwächere Gegner kräftig zubeißen können. So kam Niklas – vielleicht auch etwas ausgelaugt vom zuvor stattgefundenen Pfalzkongress, „nur“ noch zu 2 Remis in den Runden 5 bis 7, belegte damit aber einen sehr ordentlichen 8. Platz und konnte seine DWZ noch einmal leicht verbessern. Er hat mit diesem Turnier endgültig gezeigt, dass er sich in seiner Altersklasse vor keinem Spieler in Rheinland-Pfalz zu verstecken braucht.

Niklas in seiner Partie gegen Luis Haller aus der 4. Runde

 

Katharinas Ziele waren von vornherein höher gesteckt. Nach dem Titel im Vorjahr wollte sie auch 2017 um den Turniersieg mitspielen, obwohl das Teilnehmerfeld auch hier nicht zu unterschätzen war. Sophie Biermann (Konz-Karthaus, DWZ 1317) war in den vergangenen Monaten durch mehrere exzellente Ergebnisse aufgefallen, gegen Samira Schotthöfer (Schifferstadt, DWZ 1149) hatte sich Katharina bei der Pfalzmeisterschaft erst im Stichkampf durchsetzen können.

Der Start war problemlos: Zwei ungefährdeten Siegen gegen Helena Dietz (Hagenbach) und Hannah Hartmann (Landskrone) folgte eine spektakuläre Angriffspartie gegen Samira Schotthöfer, in der Katharina zweimal ihren Turm opferte.

Samira steht mit den schwarzen Steinen hier schon stark unter Druck, nach 14…Sh5? ist die Partie verloren.

15.Txh5! Sxe5

15…gxh5 16.Dxh5 führt zum Matt.

16.fxe5 Dd8 17.Th3 Tc8 18.Sf3 Lxg5 19.Ld2

Ich hätte wohl eher vereinfacht und auf die Mehrfigur gesetzt (19.Sxg5 Dxg5+ 20.Dg2), aber Katharina spielt weiter auf Angriff. Beide Fortsetzung sind etwa gleichwertig, aber in jedem Fall hätte 19.Sxg5 keine Glanzpartie ergeben.

19…Tf8 20.Tf1 h6 21.Tf2 Kg7 22.Tg2 f6 23.Sxg5 hxg5

23…fxg5 kann – angesichts der Minusfigur – den Tag natürlich auch nicht retten. Der deutlich überzeugendste Weg wäre dann 24.Lxg6! gewesen. Hier dachte Katharina lange nach und ihre Uhr lief bis auf 35 Minuten ab. Ich fürchtete schon, sie würde wegen irgendwelcher Scheindrohungen auf der f-Linie Gespenster sehen, aber dann packte sie den folgenden Hammer aus:

24.Th7+!! Kg8

24…Kxh7 25.Dh5+ mit Matt

25.Lxg6

Noch viel stärker als das Schlagen des Läufers. Gegen die Drohung De2–h5 gibt es keine Verteidigung.

1–0

 

Katharina bei ihrer Partie gegen Tabea Schilz, 4. Runde.

Der erste Sand kam ins Getriebe, als in Runde 4 trotz Mehrbauer gegen eine hartnäckig verteidigende Tabea Schilz (Konz-Karthaus) nur ein Remis heraussprang. Zu diesem Zeitpunkt hatte Sophie Biermann die alleinige Führung mit 4 Punkten inne, allerdings nicht lange: In der folgenden Partie schlug Katharina problemlos Luna Schilz (Konz-Karthaus), Sophie gab gegen Samira Schotthöfer ihr erstes Remis an – die beiden Favoritinnen waren wieder punktgleich. Daran änderte sich auch in Runde 6 nichts, da beide ihre Partien gewannen.

Die Dramaturgie hätte nicht besser sein können: In der Schlussrunde stand der direkte Vergleich der beiden Führenden an, zu diesem Zeitpunkt war schon klar, dass nur noch Katharina und Sophie für den Turniersieg in Frage kamen.

Die Erstplatzierten in der U14w (von links nach rechts): Katharina, Sophie, Tabea (Foto: Heike Bohrer)

Doch die Entscheidung wurde noch einmal vertagt: Der große Respekt beider Spielerinnen voreinander und die Tatsache, dass beide seit Katharinas Einsätzen als Gastspielerin in der Mannschaft von Konz-Karthaus befreundet sind, führte zu einem Remis nach 14 Zügen und der „Verlängerung“ in Form zweier 10 Minuten-Partien. Solche Stichkämpfe sind nicht nur eine Sache der schachlichen Fähigkeiten, sondern auch der Nervenstärke und des Glücks. Katharina legte mit einem Sieg vor, aber in der zweiten Partie war Sophie nahe am Ausgleich, als wenige Züge vor dem Matt ihr Blättchen fiel. Was sich über 7 Runden angedeutet hatte, wurde auch hier noch einmal deutlich: Beide Spielerinnen sind vollkommen auf Augenhöhe, über Sieg und Niederlage entscheidet nur ein Wimpernschlag. Der Titel geht – trotz des engen Verlaufs – nicht unverdient an Katharina, die damit das Kunststück fertigbringt, sowohl 2016 als auch 2017 alle Titel im Turnierschach ihrer Altersklasse zu gewinnen. Es wäre aber Sophie zu wünschen, dass sie für die nächsten deutschen Jugend-Einzelmeisterschaften im Juni in Willingen einen Freiplatz erhält und zusammen mit Katharina unser Bundesland vertreten kann.

Ergebnisse auf der Seite der Schachjugend Rheinland-Pfalz